Paragrafen allein sind keine Lösung

Was in Spanien erlaubt ist, ist in Deutschland verboten: Das liegt an unterschiedlichen Definitionen von Begrifflichkeiten. Diese führen zu unterschiedlichen Rechtslagen und gefährden die Gesundheit hunderttausender Menschen.

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Wie sieht eigentlich die Rechtslage aus?

In Spanien ist das Verbrennen von landwirtschaftlichen Pflanzenresten grundsätzlich erlaubt, in Deutschland ist es grundsätzlich verboten. Wie kann das in einem vereinten Europa sein, wo doch die meisten nationalen Gesetze heute gerade auch im Umweltrecht auf europäischen Rechtsvorschriften beruhen? Und macht es im Ergebnis einen Unterschied? Um das zu klären, müssen wir uns die Rechtslage ansehen.

Rechtslage in Europa

Das Abfallrecht basiert auf der Richtlinie 2008/98/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. November 2008 über Abfälle und zur Aufhebung bestimmter Richtlinien. Die Richtlinie definiert den Begriff des „Bioabfalls“ in Art. 3 Nr. 4 als

biologisch abbaubare Garten- und Parkabfälle, Nahrungs- und Küchenabfälle aus Haushalten, aus dem Gaststätten- und Cateringgewerbe und aus dem Einzelhandel sowie vergleichbare Abfälle aus Nahrungsmittelverarbeitungsbetriebe.

Art. 13 der Abfall-Richtlinie verpflichtet die Mitgliedstaaten, die erforderlichen Maßnahmen zu treffen, „um sicherzustellen, dass die Abfallbewirtschaftung ohne Gefährdung der menschlichen Gesundheit oder Schädigung der Umwelt erfolgt und insbesondere

  1. a) ohne Gefährdung von Wasser, Luft, Boden, Tieren und Pflanzen,
  2. b) ohne Verursachung von Geräusch- oder Geruchsbelästigungen und
  3. c) ohne Beeinträchtigung der Landschaft oder von Orten von besonderem Interesse.“

Rechtslage in Spanien

Das spanische Abfallgesetz (Ley 22/2011, de 28 de julio, de residuos y suelos contaminados) übernimmt in Art. 3 Buchst. g) den Bio-Abfallbegriff der europäischen Abfall-Richtlinie. Art. 7 des spanischen Abfallgesetzes enthält auch Vorschriften zum Schutz der menschlichen Gesundheit und der Umwelt:

„1. Las autoridades competentes adoptarán las medidas necesarias para asegurar que la gestión de los residuos se realice sin poner en peligro la salud humana y sin dañar al medio ambiente y, en particular:

  1. a) No generarán riesgos para el agua, el aire o el suelo, ni para la fauna y la flora;
  2. b) no causarán incomodidades por el ruido o los olores; y
  3. c) no atentarán adversamente a paisajes ni a lugares de especial interés legalmente protegidos.
  4. Las medidas que se adopten en materia de residuos deberán ser coherentes con las estrategias de lucha contra el cambio climático.“

Definition ist entscheidend
Warum trotz dieser europäischen und spanischen Vorschriften die Verbrennung landwirtschaftlicher Pflanzenrechte zulässig ist, liegt an der Definition des Abfallbegriffs: landwirtschaftliche Pflanzenreste sind im Gegensatz zu Pflanzenresten aus dem Garten schlichtweg kein Abfall im Rechtssinne.

Die spanische Regierung hat zwar einen Strategieplan für die Kreislaufwirtschaft Estrategia Española de Economía Circular 2030 (EEEC) und einen Gesetzgebungsvorschlag für ein neues Abfallgesetz verabschiedet, um durch Abfallvermeidung, Abfalltrennung und Recycling eine CO2-arme Kreislaufwirtschaft zu fördern. Der Abfallbegriff aber bleibt offenbar unverändert.

Gesundheitsgefährdung nicht berücksichtigt
Die rechtlichen Regelungen zur Verbrennung landwirtschaftlicher Pflanzenreste erfolgen ausschließlich zur Verhinderung der Waldbrandgefahr.

Die Autonome Gemeinschaft Valencia beispielsweise hat unter Bezugnahme der Verordnung (EWG) 2158/92 des Rates vom 23. Juli 1992 zum Schutz des Waldes in der Gemeinschaft gegen Brände ein integriertes Waldbrandmanagement (Sistema integrado de gestión de incendios forestales) eingerichtet. Ziel der zahlreichen valencianischen Regelungen ist vorrangig eine Reduzierung der zulässigen Zeiten.

Sortiert nach Provinzen sind im System die von den Gemeinden in ihren Plänen für die Verbrennung landwirtschaftlicher Pflanzenreste festgelegten Zeiten hinterlegt.

Obwohl die Verbrennung also abfallrechtlich mit europäischem Recht in Einklang steht, kommt aufgrund des hohen Schadstoffausstoßes der Feuer ein Verstoß gegen die Richtlinie 2008/50/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. Mai 2008 über Luftqualität und saubere Luft für Europa (Luftreinhalterichtlinie) in Betracht.

Rechtslage in Deutschland

Deutschland

Das deutsche Kreislaufwirtschaftsgesetz (KrWG) verwendet in § 3 Abs. 7 einen erweiterten Begriff des Bioabfalls, in dem er weniger auf die Herkunft als vielmehr auf die stofflichen Eigenschaften abstellt:

Bioabfälle im Sinne dieses Gesetzes sind biologisch abbaubare pflanzliche, tierische oder aus Pilzmaterialien bestehende

1. Garten- und Parkabfälle,

2. Landschaftspflegeabfälle,

3. Nahrungsmittel- und Küchenabfälle aus privaten Haushaltungen, aus dem Gaststätten-, Kantinen- und Cateringgewerbe, aus Büros und aus dem Groß- und Einzelhandel sowie mit den genannten Abfällen vergleichbare Abfälle aus Nahrungsmittelverarbeitungsbetrieben und

4. Abfälle aus sonstigen Herkunftsbereichen, die den in den Nummern 1 bis 3 genannten Abfällen nach Art, Beschaffenheit oder stofflichen Eigenschaften vergleichbar sind.

Pflanzenreste sind Biomüll
Damit fallen auch Pflanzenreste aus der Landwirtschaft unter den Begriff des Bioabfalls und es gilt als Grundprinzip der Kreislaufwirtschaft das Vermeidungsgebot nach § 7 Abs. 1 KrWG. Unvermeidbare Bioabfälle wie Hecken- und Baumschnitt von gärtnerisch genutzten Flächen sind nach der Bioabfallverordnung (BioAbfV) grundsätzlich zu verwerten.

Nicht zu verwertende Abfälle sind vom Erzeuger oder Besitzer nach § 28 Abs. 1 KrWG in dafür zugelassenen Anlagen zu beseitigen. Abweichend davon können die Landesregierungen nach § 28 Abs. 3 KrWG durch Rechtsverordnung die Beseitigung bestimmter Abfälle außerhalb von Abfallbeseitigungsanlagen zulassen. Hiervon haben die Bundesländer in unterschiedlichem Maße Gebrauch gemacht. In einigen Bundesländern gibt es ein generelles Verbrennungsverbot, in anderen Ausnahmen vom Vorrang der Verrottung für Betriebe der Land- und Forstwirtschaft mit Anzeige- oder Genehmigungspflicht.

Möglicherweise Rechtsverstöße
Das Problem eines möglichen Verstoßes gegen die Luftreinhalterichtlinie 2008/50/EG besteht trotz der eingeschränkten abfallrechtlichen Zulässigkeit der Verbrennung landwirtschaftlicher Pflanzenabfälle dennoch auch in Deutschland.

Apropos Gartenabfälle: Die rechtliche Lage in der Comunidad Valencia

Gartenabfälle dürfen in der Comunidad Valencia eigentlich nicht verbrannt werden.

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Gartenabfälle gelten nach dem Gesetz 10/2000 vom 12. Dezember über Abfälle in der Comunidad Valencia als Siedlungsabfälle, die nicht verbrannt werden dürfen.

Ihre Behandlung muss darin bestehen, dass sie auf eine zugelassene Deponie verbracht werden. Daher ist die Verbrennung dieser Abfälle im Rahmen eines lokalen Verbrennungsplans für landwirtschaftliche Verbrennungen nicht zulässig.

Die Verbrennung von Baumschnitt und Gartenabfällen kann nur in Ausnahmefällen in ländlichen Gebieten genehmigt werden (nicht-urbanisierbare Flächen), die zu landwirtschaftlichen Betrieben gehören, die eine landwirtschaftliche Tätigkeit ausüben. So beschreibt es der örtliche Plan für Verbrennungen der Stadt Alicante.

Das Abfallgesetz der Autonomen Gemeinschaft Valencia beruht zwar noch auf einem längst überholten staatlichen und europäischen Abfallrecht, stimmt aber mit dem Verbrennungsverbot für Gartenabfälle insoweit mit dem geltenden Recht überein.

 

Fazit

Das Abfallrecht allein kann das Problem der Luftverunreinigung durch die Verbrennung von Pflanzenresten nicht lösen. Die Initiative für eine eigenständige europäische Bioabfallrichtlinie ist gescheitert. Gebraucht werden ökologisch und ökonomisch tragfähige Lösungen, die eine abfallrechtliche Regulierung überflüssig machen und zur Einhaltung der Luftreinhalterichtlinie und zur Verwirklichung des europäischen Klimagesetzes (Verordnung (EU) 2021/1119 des europäischen Parlamentes und des Rates vom 30. Juni 2021 zur Schaffung des Rahmens für die Verwirklichung der Klimaneutralität und zur Änderung der Verordnungen (EG) Nr. 401/2009 und (EU) 2018/1999 („Europäisches Klimagesetz“)) beitragen.

Lassen Sie uns gemeinsam die Probleme lösen!

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